Horst Bienek (1930-1990): Schriftsteller und Zeitzeuge der stalinistischen Repression der 1950er Jahre in der DDR

12. Mar. 2025 - 17:00 Uhr

Anlässlich des Erscheinens seiner Tagebücher veranstalten die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße gemeinsam mit der Studiengemeinschaft Sanssouci e.V. am 12. März 2025 um 17:00 Uhr einen Vortrag über den Schriftsteller und Zeitzeugen der stalinistischen Repression der 1950er Jahre in der DDR Horst Bienek. Der Vortrag bildet den Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen der Stiftung, die sich mit der sowjetischen Nutzungsphase des Haft- und Justizortes Lindenstraße beschäftigen.

Horst Bienek, 1930 in Gleiwitz (heute Gliwice) geboren, wurde unmittelbar nach dem Krieg zum Demontagearbeiter zwangsverpflichtet. Ein Jahr später zog er nach Köthen/Anhalt. Nach dem Abitur volontierte er bei der Tagespost in Potsdam. Bereits 1950 erschienen Gedichte von ihm in der Zeitschrift Sinn und Form. 1951 wurde er in die Meisterklasse Bertolt Brechts am Berliner Ensemble aufgenommen. Noch im selben Jahr wurde er am 8. November 1951 verhaftet und nach langer U-Haft im Gefängnis Lindenstraße vom Sowjetischen Militärtribunal in Potsdam zu 20 Jahren Zwangsarbeit wegen „Spionage“ und „antisowjetischer Hetze“ verurteilt. Bis 1955 musste er in Workuta, nördlich des Polarkreises, im Kohlebergbau arbeiten, ehe Bienek durch eine Amnestie freikam und in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen konnte. Er arbeitete zunächst beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt, danach als Lektor, war Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und Leiter der Literaturabteilung der Bayerischen Akademie der Künste und arbeitete als freier Schriftsteller in München, wo er 1990 starb. Horst Bienek wurde zu einer der zentralen Figuren im deutschen Kulturleben.

Das Erscheinen der Tagebücher „Es gibt nur die Kunst, die Liebe und den Tod. Dazwischen gibt es nichts (1951-1990)“ Ende 2024 erinnerte den Vortragenden, Thomas Wernicke, an seine Begegnung mit dem Schriftsteller Ende Mai 1990 in Potsdam. Dieses Zusammentreffen blieb ein einmaliges, da Horst Bienek am Ende desselben Jahres starb. Vierunddreißig Jahre später hat sich Thomas Wernicke mit Unterstützung der Gedenkstätte Lindenstraße in die Recherche begeben, um aus der lokalgeschichtlichen Perspektive zu fragen, welche Kontakte zu den Potsdamerinnen und Potsdamern eigentlich nach der Rückkehr Horst Bieneks aus dem sowjetischen GULAG 1955 bestanden haben. Menschen, mit denen er seit seiner Ankunft in Potsdam im Januar 1949 regelmäßigen Kontakt pflegte, die seine Vermieterin, Kolleginnen oder sein Mentor waren. Diese Recherche hat Unbekanntes zu Tage gefördert, dass die Bienek-Forschung um einige Details bereichert und ergänzt.

Der Vortragende führt in die Potsdamer Jahre Horst Bieneks auf Grundlage der Forschung und seiner Selbstzeugnisse ein, streift Verhaftung, Verurteilung und beginnende Haft anhand einer geradezu absurd anmutenden Geschichte um das Paar Schuhe, das Bienek bei seiner Verhaftung trug und schildert dann die Kontakte nach Potsdam durch die Zeitläufte von 1956 bis 1990. Der Vortrag schließt mit Bieneks Entschluss, nach langer innerer Weigerung nun doch einen dokumentarischen Bericht über Workuta zu schreiben.

Der Vortrag findet in der Gedenkstätte Lindenstraße statt.
Der Eintritt ist frei.

Um Anmeldung wird gebeten unter info@gedenkstaette-lindenstrasse.de

Location
Lindenstraße 54/55
14467 Potsdam
Germany
Phone: 0331 – 971 89 000

Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße

Die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße befindet sich am ehemaligen Haft- und Gerichtsort Lindenstraße 54/55 mitten in der Potsdamer Innenstadt. In der Zeit des Nationalsozialismus war das Haus …