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Mütterliche Ernährung beeinflusst körperliche Leistungsfähigkeit der Nachkommen
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Eine Pressemitteilung aus der Leibniz-Gemeinschaft
29.01.2015
Mütterliche Ernährung beeinflusst körperliche Leistungsfähigkeit der Nachkommen
Potsdam-Rehbrücke - Wie Forscher des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) erstmals zeigen, kann die mütterliche Ernährungsweise die körperliche Leistungsfähigkeit des Nachwuchses beeinflussen – zumindest bei Mäusen. Im Vergleich zu Tieren, deren Mütter eine fettarme Diät während der Trag- und Stillzeit einhielten, waren Nachkommen von Müttern, die fettreiches Futter bekamen, trotz Lauftrainings weniger leistungsfähig. Ebenso sprach ihre Muskulatur nicht gut auf das Training an. Die Studie weist darauf hin, dass bei langanhaltender Aktivität die Muskeln dieser Tiere nur unzureichend mit Energie versorgt sind. Die Leistungsschwäche könnte mit fortschreitendem Alter das Risiko für Übergewicht erhöhen.
Isabel Walter und Susanne Klaus vom DIfE veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Journal of Nutritional Science (I. Walter und S. Klaus, 2014, DOI:10.1017/jns.2014.55).
Nach Angaben der World Health Organisation hat sich die Zahl der krankhaft übergewichtigen Menschen seit 1980 weltweit verdoppelt, wobei verschiedene Faktoren das Entstehen von Übergewicht begünstigen. Zu diesen zählen eine gewisse erbliche Veranlagung, die Ernährung und nicht zuletzt auch die körperliche Aktivität. Verschiedene wissenschaftliche Studien weisen dabei darauf hin, dass die mütterliche Ernährung während der Schwangerschaft und Stillzeit die Nachkommen beeinflussen und diese im ungünstigen Fall im Erwachsenenalter für Übergewicht und Typ-2-Diabetes empfänglicher machen kann. Zudem ist bekannt, dass die fetale Entwicklungsphase für die Ausprägung der Muskulatur entscheidend ist, da nach der Geburt die Zahl der Muskelfasern nicht mehr zunimmt. Bislang gibt es kaum Studien, welche die Effekte der mütterlichen Ernährung auf die Muskulatur der Nachkommen hinsichtlich deren Trainierbarkeit sowie Leistungsfähigkeit untersucht haben. Daher gingen die Wissenschaftler des DIfE diesen Effekten am Mausmodell unter kontrollierten Bedingungen nach.
Insgesamt untersuchten die Forscher 20 Nachkommen von Müttern, die während der Trag- und Stillzeit fettarmes Futter* bekommen hatten, sowie eine Gruppe von 21 Tieren, die von Müttern stammten, die eine fettreiche Diät erhalten hatten. Nachdem die Tiere entwöhnt waren, erhielten alle jungen Mäuse fettarmes Futter. Jeweils einer Hälfte der beiden Mausgruppen stand zusätzlich ein Laufrad zur Verfügung, das die Tiere nach Belieben nutzen konnten.
Die Nachkommen aller Gruppen waren in etwa gleich schwer, fraßen gleich viel und verfügten über gleiche Mengen an Körperfett und Muskelmasse. Allerdings stellten die Wissenschaftler Unterschiede zwischen den beiden Gruppen fest, die für 28 Tage das freiwillige Laufradtraining absolviert hatten. So waren nach dem mehrwöchigen Training die Nachkommen der fettreich ernährten Mütter bei einem Ausdauertest nur etwa halb so leistungsfähig wie die Nachkommen der fettarm ernährten. Ihre Leistungsschwäche scheint mit Störungen des Fett- und Zuckerstoffwechsels einher zu gehen, da im Vergleich zur anderen Mausgruppe verschiedene Gene anders reguliert waren, die für die Fett- und Zuckeraufnahme in die Zellen eine Rolle spielen.
„Mit unserer Untersuchung zeigen wir zum ersten Mal, dass der mütterliche Verzehr einer sehr fettreichen Kost während der Schwangerschaft und Stillzeit die muskuläre Leistungsfähigkeit und Trainierbarkeit der Nachkommen beeinflusst - selbst dann, wenn die Mütter nicht übergewichtig sind“, sagt Susanne Klaus, die am DIfE die Arbeitsgruppe Physiologie des Energiestoffwechsels leitet. Zukünftig will Klaus die zu Grunde liegenden molekularen Mechanismen weiter untersuchen, wobei sie nicht ausschließt, dass auch epigenetische Veränderungen** der Gene eine Rolle spielen können. Um Rückschlüsse auf den Menschen zu ziehen, sei es sicher noch viel zu früh, dennoch lohne es sich, diesen ersten Hinweisen nachzugehen, um die Zusammenhänge zwischen Ernährung und pränataler*** Prägung besser zu verstehen, so Klaus.
Hintergrundinformation:
* Pro 100 Gramm enthielt das fettarme Futter etwa 4,3 Gramm Fett (dies entspricht ca. 10 Prozent des Energieanteils der Nahrung). Pro 100 Gramm enthielt das fettreiche Futter etwa 21 Gramm Fett (dies entspricht ca. 30 Prozent des Energieanteils der Nahrung). Das verwendete Fett setzt sich zusammen aus einem Anteil Sonnenblumenöl (70 Prozent), einem Teil Kokosnussöl (18 Prozent) und einem Teil Leinsamenöl (12 Prozent).
** Die Epigenetik ist ein relativ junges Forschungsgebiet. Sie untersucht veränderte Gen-Funktionen, die nicht auf eine Änderung der DNA-Sequenz zurückzuführen sind. Studien der letzten Zeit weisen verstärkt darauf hin, dass auch die Ernährung als Umweltfaktor den Aktivitätszustand von Genen nachhaltig beeinflussen kann, z. B. durch chemische Veränderung (Methylierung) der DNA-Bausteine.
*** pränatal: vor der Geburt
Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
Die Leibniz-Gemeinschaft vereint 89 Einrichtungen, die anwendungsbezogene Grundlagenforschung betreiben und wissenschaftliche Infrastruktur bereitstellen. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Einrichtungen rund 17.200 Menschen – darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – bei einem Jahresetat von insgesamt knapp 1,5 Milliarden Euro. Die Leibniz-Gemeinschaft zeichnet sich durch die Vielfalt der in den Einrichtungen bearbeiteten Themen und Disziplinen aus. Die Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft bewahren und erforschen das natürliche und kulturelle Erbe. Darüber hinaus sind sie Schaufenster der Forschung, Orte des Lernens und der Faszination für die Wissenschaft.
Kontakt:
Prof. Dr. Susanne Klaus
Arbeitsgruppe Physiologie des Energiestoffwechsels
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