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„Digitalisierung bietet Potentiale und Risiken für Nachhaltigkeit“
Wie lässt sich die Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung nutzen? Prof. Ortwin Renn vom IASS hat beim Digitalgipfel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ein Thesenpapier vorgestellt, das konkrete Schritte hin zu einer nachhaltigen Digitalisierung aufzeigt.
Die Digitalisierung verändert unsere Arbeits- und Lebenswelt. Darin liegen Chancen für die ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit. Gleichzeitig gefährden einige Aspekte der Digitalisierung aber auch die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft.
Durch digitale Kommunikationswege muss heute beispielsweise weniger gereist werden. Doch gleichzeitig emittiert der Informations- und Kommunikationssektor große Mengen CO2. Deshalb fordern die Autoren und die Autorin des Thesenpapiers Ortwin Renn, Grischa Beier und Pia-Johanna Schweizer, dass Firmen ökologische Ziele fest in ihren Leitprinzipien verankern sollten. Konkret hieße dies zum Beispiel, dass die Firmen ausschließlich Strom aus nicht-fossilen Energieträgern zum Betreiben von Servern und Geräten verwenden.
Eine möglichst umfassende Kreislaufwirtschaft ist ein Hauptziel auf dem Weg zu einer ökonomischen Nachhaltigkeit. „Um diese zu erreichen, ist die Digitalisierung nicht nur förderlich, sondern sogar zwingend notwendig“, sagt Co-Autor Grischa Beier. Dass Abfälle aus dem einen Sektor zu Rohstoffen in einem anderen Sektor werden, setzt eine hochkomplexe Logistik voraus. Künstliche Intelligenz kann diese Prozesse zur Wiederverwendung von Materialien unterstützen. Die Forschenden kritisieren jedoch, dass die digitale Branche selbst oft einer Kreislaufwirtschaft entgegensteht. Grischa Beier: „Die kurzen Lebenszyklen von digitalen Endgeräten, vor allem von Smartphones, die mangelnde Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit der Hardware sowie die zumindest indirekten Anreize zur „Wegwerfmentalität“ widersprechen den Zielen nachhaltiger Entwicklung.“
Eine weitere Gefahr der Digitalisierung für die wirtschaftliche Nachhaltigkeit sehen die Autoren und die Autorin in der Veränderung des Arbeitsmarktes. Einerseits entstehen neue Branchen mit gut bezahlten Arbeitsplätzen, anderseits werden viele Arbeitsplätze durch digitalisierte Technologien ersetzt. „Hier gilt es Lösungen zu finden und zu unterstützen, die sowohl die Arbeitslosenquote niedrig halten, als auch die Bedürfnisse der von den Veränderungen negativ betroffenen Menschen beachten“, betont Co-Autorin Pia-Johanna Schweizer.
Schließlich führt die Digitalisierung auch zu weitreichenden Veränderungen im sozialen Zusammenleben. Hier erkennen die Forschenden Chancen und Risiken des gleichen Effekts: Der Anonymität in den sozialen Medien. Diese führe zu der Möglichkeit, ohne Angst vor Repressalien die eigene Meinung zu äußern. „Sie schafft aber gleichzeitig das Risiko einer einseitigen Auseinandersetzung, die von gegenseitigen Schuldzuweisungen, persönlichen Beleidigungen und angedrohten Gewaltakten geprägt sein kann“, sagt Pia-Johanna Schweizer.
Das Thesenpapier fordert eine aktive Gestaltung der Digitalisierung von den beteiligten Akteuren. Denn nur so könnten die enormen Potentiale für eine nachhaltige Entwicklung und damit eine am Gemeinwohl orientierte Digitalisierung erreicht werden.
Autorin: Veronika Fritz - Foto: iStock/weerapatkiatdumrong
Ortwin Renn, Grischa Beier und Pia-Johanna Schweizer: Systemische Chancen und Risiken der Digitalisierung