Wasserstoffkraftwerk für den Garten

Künftig sollen Privatkunden mit kleinen Windrädern Wasserstoff für den Eigenbedarf produzieren. Leichtbauexperten des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP, der BTU Cottbus und ein Industriepartner entwickeln dafür jetzt die Schlüsseltechnologien: kleine effiziente Rotoren und sichere Tanks.

Privathaushalte benötigen heutzutage laut Angaben des Bundesumweltamts für die Erzeugung von Strom und Wärme rund ein Viertel der gesamten Energie, die in Deutschland verbraucht wird. Dabei wird gut die Hälfte der Energie aus Erdgas und Erdöl gewonnen. Im Hinblick auf den sich verschärfenden Klimawandel ist diese Bilanz ernüchternd. »Hier ist aus erneuerbaren Energien gewonnener Wasserstoff als Energieträger zukünftig vielfach besser geeignet«, konstatiert denn auch Prof. Holger Seidlitz, Leichtbau-Spezialist an der BTU Cottbus-Senftenberg und Leiter des Forschungsbereichs »Polymermaterialien und Composite PYCO« des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP am Standort Wildau. Zusammen mit seinem Team und einem mittelständischen Unternehmen geht er die Wasserstoff-Zukunft aktuell zugleich von zwei Seiten an: Zum einen hat er die Gewinnung von Strom im Blick, den man für die Wasserstoff-Produktion benötigt. Dazu entwickeln die Kooperationspartner derzeit eine kleine und effiziente Windanlage. Zum zweiten beschäftigt sich das Team mit der Speicherung des wertvollen Gases. Dafür stellt es neuartige Wasserstofftanks aus Faserbundwerkstoffen her.

Wasserstoff für Brennstoffzelle und Auto

»Das Windrad wird so klein ausgelegt sein, dass sich auch Privatleute eine solche Anlage in den Garten stellen können«, erklärt Holger Seidlitz. »Der Wasserstoff wird dann vor Ort in einem kleinen Elektrolyseur erzeugt und im Tank gespeichert.« Er soll dann beispielsweise eine Brennstoffzelle im Haus antreiben, die zugleich Wärme und Strom produziert. Besitzer von Wasserstoffautos wiederum könnten ihr Auto künftig direkt zu Hause betanken. Die Stärke des Konzepts bestehe vor allem darin, dass das ganze System klein und trotzdem sehr effizient ausgelegt ist, betont Seidlitz. Das fängt beim Windrad an. Die Leichtbau-Experten haben einen neuen Propeller konzipiert, der sich bereits bei einer schwachen Brise in Bewegung setzt. »Hier in der Lausitz weht der Wind sehr viel schwächer als in Norddeutschland«, sagt der Maschinenbau-Ingenieur Marcello Ambrosio, der das Projekt am Fraunhofer IAP betreut. »Wir haben das Design der Rotorblätter daran angepasst und ihre Masse im Vergleich zu herkömmlichen Kleinwindanlagen um rund 30 Prozent verringert.« Seit kurzem gibt es am Fraunhofer IAP einen industriellen 3D-Drucker, mit dem sich Objekte bis zu einer Größe von rund zwei mal zwei Metern fertigen lassen. Damit haben Marcello Ambrosio und seine Kollegen unlängst eine Kunststoffform für die Produktion ihrer Schwachwind-Rotoren aus Faserverbund fertiggestellt. Unterstützt wurden sie dabei von der Firma EAB Gebäudetechnik Luckau, die ebenfalls auf Leichtbau spezialisiert ist.

Leichte und agile Rotoren

Faserverbundwerkstoffe werden gefertigt, indem man Faserstreifen präzise in eine Form einlegt und dann mit Hilfe eines Harzes oder anderer Kunststoffe zum Bauteil aushärtet. Oftmals wird das Verlegen per Hand durchgeführt. Am Fraunhofer IAP aber übernimmt diese Aufgabe eine moderne Automated-Fibre-Placement-Anlage, die die Verstärkungsfasern präzise in der Form platziert. Ambrosio: »Anders als beim Verlegen per Hand gibt es hier weniger Überlappungen, sodass wir deutlich die Maße reduzieren können.«

Einzigartig ist auch, dass der Rotor Starkwinden standhält. Die Rotorblätter sind so beschaffen, dass sie sich bei Sturm elastisch verbiegen und aus dem Wind drehen. »Damit drosselt die Anlage von allein die Rotationsgeschwindigkeit und nimmt keinen Schaden«, sagt Holger Seidlitz. Auf komplizierte Steuertechnik und aufwändige Mechanik kann damit verzichtet werden. In den nächsten Monaten werden die Rotoren im Freiland getestet. Im Vergleich mit herkömmlichen Kleinwindanlagen sollen sie zeigen, was in ihnen steckt.

Tank mit eingebauten Sicherheitssensoren

Um Leichtbautechnik geht es auch in dem zweiten Projekt, der Fertigung der Wasserstofftanks. Klassische Wasserstofftanks für die Industrie bestehen aus großen druckfesten Stahlbehältern. Für den Einsatz in Tausenden von Privathaushalten aber wären leichte Tanks aus Carbonfaser-Verbunden wesentlich materialsparender und handlicher und würden besondere Vorteile vor allem für mobile Anwendungen bieten. Allerdings müssen diese sehr sicher sein. Wasserstoff darf nicht entweichen, weil er mit Luftsauerstoff ein explosives Gemisch bilden kann. Auch hier bietet das Team aus der Lausitz eine interessante Lösung. Die Tanks werden aus Carbonfaserstreifen hergestellt, die auf einen zylindrischen Körper aufgewickelt werden. Mit Kunstharz getränkt, härten diese dann zu einem Tank aus, der viele hundert Bar Druck aushält. Um Leckagen zu detektieren, bauen die Experten in den Behälter zugleich Sensoren ein. »Aktuell arbeiten wir mit 3D-Druckern, die elektrisch leitfähige Tinten verarbeiten können«, erläutert Marcello Ambrosio. »Diese arbeiten wir direkt in den Faserverbund ein.« Selbst kleine elektronische Bauteile können die Forscher in die Tankwand integrieren. Dieses Frühwarnsystem ist eine wichtige Voraussetzung für einen künftigen sicheren Einsatz beim Endkunden. Holger Seidlitz betont, dass die Forschungskooperation nicht zuletzt die Region stärke. »Die Lausitz ist stark vom Strukturwandel geprägt. Ich komme aus der Region und finde es wichtig, dass wir kleine und mittlere Unternehmen in unsere Forschungsprojekte einbinden, um hier durchgängige Wertschöpfungsketten aufzubauen.« Mit dem Windrad und dem Tank kombiniert er jetzt vor Ort zwei Entwicklungen – die regenerativen Energien und die Wasserstoff-Technik, – die in den kommenden Jahren von herausragender Bedeutung sein werden.

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Foto: Neuartige Schwachwind-Rotoren und Wasserstofftanks mit eingebauten Sicherheitssensoren sollen in windschwachen Regionen wie der Lausitz Kleinwindkraftanlagen für den Privatgebrauch möglich machen. © Fraunhofer IAP

Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP

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