Die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße und die russische Menschrechtsorganisation MEMORIAL vereinbaren langfristige Kooperation

Die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam und die russische Menschenrechtsorganisation MEMORIAL haben eine langfristige Zusammenarbeit bei der Erforschung der sowjetischen Häftlinge vereinbart, die im sowjetischen Untersuchungsgefängnis in der Potsdamer Leistikowstraße inhaftiert waren. Gedenkstättenleiterin Dr. Ines Reich und die Geschäftsführerin der Internationalen Organisation MEMORIAL Moskau e. V., Elena B. Zhemkova, unterzeichneten am 14. Oktober in Potsdam eine entsprechende Kooperationsvereinbarung.

Dazu sagte Ines Reich in Potsdam: „Die Mehrheit der im Gefängnis Leistikowstraße inhaftierten Frauen und Männer waren sowjetischen Staatsbürger. Nur über wenige von ihnen liegen uns Informationen vor, da Recherchen in den staatlichen russischen Archiv nicht oder nur erschwert möglich sind. Wir sind daher außerordentlich froh, dass wir in der russischen Organisation MEMORIAL einen engagierten und kompetenten Partner bei der Erforschung der Schicksale der sowjetischen Inhaftierten gefunden haben. Die Zusammenarbeit, die sich bereits bei der Erstellung der Dauerausstellung bewährt hat, wird jetzt weiter ausgebaut“ sagte Reich.

Reich übergab eine erste Liste mit mehr als 400 Namen von sowjetischen Inhaftierten des zentralen Untersuchungsgefängnisses Leistikowstraße an Elena B. Zhemkova und Nikita Petrov. Der ausgewiesene Kenner der sowjetischen Geheimdienst- und Repressionsgeschichte und MEMORIAL-Mitarbeiter hatte die Gedenkstätte bereits bei der Erforschung der Biografien von drei sowjetischen Inhaftierten unterstützt, die in der Dauerausstellung dargestellt werden.

Bei der Liste handelt es sich um Personen, die von Kriegsende bis 1948 vom Gefängnis Leistikowstraße in das Speziallager nach Torgau überstellt und von dort in den Gulag deportiert wurden. Bei den meisten dieser Personen fehlen Angaben zu Haftgrund und Strafmaß sowie weiterführende biografische Informationen. Die Mitarbeiter von MEMORIAL Moskau werden mit ihren Mitteln versuchen, die Schicksale dieser Inhaftierten weiter aufzuklären. Möglicherweise können Fotos, Dokumente und Erinnerungsstücke zusammengetragen werden, die in einer künftigen Sonderausstellung präsentiert werden können.

Am Nachmittag besuchten die Gäste aus Moskaus die Gedenkstätte Sachsenhausen, wo sie mit Stiftungsdirektor Prof. Dr. Günter Morsch zu einem Gespräch zusammenkamen. Zu den jüngsten Meldungen, wonach MEMORIAL in Russland offenbar von einer zwangsweisen Auflösung bedroht ist, erklärte Morsch: „Die Arbeit der Menschenrechtsorganisation MEMORIAL, mit der wir seit vielen Jahren erfolgreich zusammenarbeiten, ist für die Entwicklung einer demokratischen Zivilgesellschaft in Russland unerlässlich. Gerade bei der Aufarbeitung der stalinistischen Verbrechen leistet sie eine wichtige Pionierarbeit. Wir lehnen jegliche Versuche ab, die Arbeit von Memorial zu behindern oder gar zu verbieten.“

Die Zusammenarbeit wurde von der Stiftung West-Östliche Begegnungen unterstützt.