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Fettstoffwechsel und Diabetes: Im Takt der inneren Uhr
► PD Dr. Olga Ramich leitet die Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin am DIfE. (Foto: Studioline Photography)
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Eine Mitteilung aus der Leibniz-Gemeinschaft
02. Dezember 2019
Fettstoffwechsel und Diabetes: Im Takt der inneren Uhr
Abhängig von der Uhrzeit, zu der gegessen wird, verändern sich die Fettmuster im Blut und beeinflussen die Empfindlichkeit für das Hormon Insulin. Das zeigt die Publikation einer Forschergruppe um PD Dr. Olga Ramich vom DIfE im Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism.
Zahlreiche physiologische Prozesse wie beispielsweise Wach- und Schlafzustand, Körpertemperatur und Blutdruck folgen einem regelmäßigen 24-stündigen Tag/Nachtrhythmus. Dieser Takt der inneren Uhr wird von einem Netzwerk von Proteinen und Genen gesteuert und kann durch Licht und Mahlzeiten beeinflusst werden. Störungen des empfindlichen Systems, z. B. durch einen Jetlag oder Schichtarbeit, können Übergewicht, Insulinresistenz und veränderte Blutfettwerte begünstigen und erhöhen das Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes.
Nicht nur was und wie, sondern auch wann
Das Team um PD Dr. Olga Ramich, Leiterin der Forschungsgruppe „Molekulare Ernährungsmedizin“ am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), erforscht die Zusammenhänge zwischen innerer Uhr, Zusammensetzung der Nahrung und Stoffwechselerkrankungen. Ramich wollte genau wissen, wie sich der Zeitpunkt der Aufnahme einer kohlenhydratreichen Mahlzeit im Vergleich zu einer fettreichen Mahlzeit auf den Fettstoffwechsel und die Blutzuckerkontrolle auswirkt. Dafür analysierte ihre Forschungsgruppe das Lipidom, also die Gesamtheit der Lipide im Blutplasma, von 29 nicht-adipösen, gesunden Männern.
„Unsere Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass sowohl Mahlzeitenkomposition als auch Tageszeit die Zusammensetzung der Fette im Blut beeinflussen. Für ein Drittel aller Lipide waren die Änderungen nach der Mahlzeit davon abhängig, ob dieselbe Mahlzeit morgens oder nachmittags gegessen wurde“, sagt Ramich. Zusammen mit den Blutlipiden veränderte sich im Laufe des Tages auch die Insulinempfindlichkeit. „Möglicherweise können die tageszeitlich bedingten Lipidmuster ein Grund dafür sein, dass unser Körper morgens empfindlicher auf Insulin reagiert als abends“, erklärt die Forscherin.
Ablauf der Studie
Die Studie bestand aus zwei jeweils vierwöchigen Ernährungsphasen. In der einen Phase nahmen die Probanden am Vormittag eine kohlenhydratreiche und am Nachmittag sowie am Abend eine fettreiche Mahlzeit zu sich. Während der anderen Phase gab es früh die fettreiche und spät die kohlenhydratreiche Kost. Nach Abschluss der jeweiligen Phase folgte ein Untersuchungstag, an dem die Studienteilnehmer in das Humanstudienzentrum des DIfE kamen und zwei Mahlzeiten zu sich nahmen – eine um 9 Uhr und die andere um 15.40 Uhr. Diese Testmahlzeiten waren der vorangegangenen Ernährungsintervention entsprechend entweder kohlenhydratreich oder fettreich. Das Forscherteam untersuchte die Fette im Blut und die Gene im Fettgewebe der Probanden vor und nach jeder Testmahlzeit.
Dynamische Analyse durch High Throughput Shotgun Plasma Lipidomics
Insgesamt analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Blut der Probanden 672 Fette aus 14 Fettklassen. Dafür nutzten sie die neue High-Throughput-Shotgun-Plasma-Lipidomics-Methode. Eine Premiere, denn bislang hat noch keine Forschungsgruppe diese Methode für Analysen des Lipidstoffwechsels in einer Diätinterventionsstudie mit Menschen verwendet. „Für uns sind derartig dynamische Analysen des humanen Lipidoms ein Meilenstein. Erstmals können wir nun genau sehen, wie sich die Fettmuster im Laufe des Tages und unter Einfluss verschiedener Mahlzeiten verändern“, freut sich die Leiterin der Forschungsgruppe. Um zu verstehen, durch welche Mechanismen die Blutfette reguliert werden, untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem die Expression der Gene des Lipidstoffwechsels im Fettgewebe.
Zeitlich abgestimmte Ernährungsempfehlungen?
Die Studie gibt neue Einblicke in die tageszeitabhängigen Mechanismen der Fettstoffwechselregulation beim Menschen und deren Zusammenhang mit der Kontrolle des Blutzuckerspiegels. „Es ist gut vorstellbar, dass das Wissen um die richtige Tageszeit für bestimmte Mahlzeiten auch in zukünftige Ernährungsstrategien zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes einfließt“, so PD Dr. Olga Ramich. Um zu verstehen, wie die innere Uhr im Detail mit dem Lipidstoffwechsel interagiert und dabei möglicherweise die Empfindlichkeit für das Hormon Insulin herabsetzt, sind jedoch noch weitere Studien erforderlich.
Literatur:
Hintergrundinformationen:
Finanzierung
Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) finanziert.
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
Pressekontakte:
PD Dr. Olga Ramich
Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Ernährungsmedizin
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Tel.: +49 (0)33200 88-2749
E-Mail: olga.ramich@dife.de
Sonja Schäche
Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Tel.: +49 (0) 33200 88-2278
E-Mail: sonja.schaeche@dife.de