Neue Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Leberkrebsrisiko

Potsdam-Rehbrücke – Wie zahlreiche Studien zeigen, haben Menschen, die viel Kaffee trinken, im Vergleich zu Personen, die nur wenig oder keinen konsumieren, ein vermindertes Leberkrebsrisiko. Die Ursachen für diesen Zusammenhang sind jedoch noch nicht geklärt. Ein internationales Forscherteam um Krasimira Aleksandrova und Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) hat nun Biomarker* im Blut von Studienteilnehmern identifiziert, die erste Hinweise auf entzündungshemmende und zellschützende Mechanismen geben, die der beobachteten Risikobeziehung zu Grunde liegen könnten. Die Forscher publizierten kürzlich ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift American Journal of Clinical Nutrition**.

Wie die aktuelle Untersuchung im Rahmen einer der größten europäischen Langzeiternährungsstudien (EPIC***) zeigt, haben Menschen, die täglich mehr als 600 ml (4 Tassen) Kaffee konsumieren im Vergleich zu Menschen, die weniger als 300 ml (2 Tassen) trinken, ein um 75 Prozent vermindertes Risiko an Leberkrebs zu erkranken. Diese Beobachtung deckt sich mit den Ergebnissen zahlreicher anderer Beobachtungsstudien und Meta-Analysen der letzten Jahre. Neu an der Studie ist, dass die Wissenschaftler darüber hinaus den Einfluss von 21 leberrelevanten Biomarkern auf den beobachteten Zusammenhang untersuchten, um hierdurch mehr über die zu Grunde liegenden biologischen Mechanismen zu erfahren.

Hierzu analysierten sie die Blutproben von 125 Menschen, die während der Studie erstmals an Leberkrebs erkrankt waren, sowie die von 250 gesunden Studienteilnehmern. Die Blutproben hatten die Wissenschaftler zu Beginn der Studie und damit 2,4 bis 6,8 Jahre vor dem Auftreten der Leberkrebserkrankungen entnommen und bis zur Analyse bei -196°C in flüssigem Stickstoff gelagert. Wie die Forscher feststellten, spielen besonders drei der untersuchten Biomarker für die Risikobeziehung zwischen Kaffeekonsum und Leberkrebs eine große Rolle. Zu diesen zählen der Botenstoff Interleukin-6, der an der Regulation von Entzündungsreaktionen beteiligt ist, sowie die beiden Enzyme Aspartat-Aminotransferase und Gamma-Glutamyltransferase, die auf eine Schädigung der Leberzellen bzw. Gallenerkrankungen hinweisen.

„Unsere Biomarkeranalysen sprechen dafür, dass es eine ursächliche Beziehung zwischen einem starken Kaffeekonsum und einem verminderten Leberkrebsrisiko gibt. Sie lassen zudem annehmen, dass Kaffee die Leber vor Entzündungen und Zellschäden schützt und so der Krebsentstehung entgegenwirkt“, sagt Erstautorin Aleksandrova.

„Wie eine von uns bereits 2012 im Rahmen der EPIC-Studie durchgeführte Untersuchung zudem zeigt, ist der Genuss von Kaffee nicht mit einem erhöhten Risiko für chronische Erkrankungen verbunden. Daher spricht aus gesundheitlicher Sicht nichts dagegen, Kaffee zu trinken, wenn man ihn gut verträgt“, ergänzt Heiner Boeing, der die Abteilung Epidemiologie am DIfE leitet. „Andersherum sollten sich Menschen aber aufgrund der Ergebnisse nicht genötigt sehen, viel Kaffee zu trinken. Kaffeetrinken sollte Genuss und keine Pflichtübung sein. Um Krankheiten wirksam vorzubeugen, kommt es auf die gesamte Lebensweise an. Wer nicht raucht, ausreichend Gemüse, Obst und ballaststoffreiches Getreide isst, sich körperlich bewegt sowie auf ein normales Körpergewicht achtet, besitzt ein wesentlich geringeres Erkrankungsrisiko als diejenigen, die sich gegenteilig verhalten - nicht zuletzt hinsichtlich des Leberkrebsrisikos“, weiß Boeing. Man könne durch einen gesunden Lebensstil sicher nicht jede Erkrankung verhindern, jedoch das persönliche Erkrankungsrisiko verringern.

Hintergrundinformationen:

* Biomarker sind charakteristische biologische Merkmale, die objektiv gemessen werden und auf einen normalen biologischen oder krankhaften Prozess im Körper hinweisen können. Bei einem Biomarker kann es sich um Zellen, Gene, Stoffwechselprodukte oder bestimmte Moleküle wie Hormone handeln. Als eingängiges Beispiel sei das Blutbild genannt, das Hinweise auf den Gesundheitszustand des Patienten gibt (Quelle: Wikipedia).

** Aleksandrova et al.: The association of coffee intake with liver cancer risk is mediated by biomarkers of inflammation and hepatocellular injury: data from the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition; American Journal of Clinical Nutrition; 2015

*** EPIC steht für European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition. Sie ist eine der größten prospektiven („vorausschauenden“) Studien, welche die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Krebs und anderen chronischen Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes untersucht. An der EPIC-Studie sind zehn europäische Länder mit insgesamt 519.000 weiblichen und männlichen Studienteilnehmern im Erwachsenenalter beteiligt. In Deutschland gehören das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg sowie das DIfE zu den EPIC-Studienzentren. Die Potsdamer EPIC-Teilstudie schließt mehr als 27.500 erwachsene Studienteilnehmer/innen ein. Bei der Auswertung einer prospektiven Studie ist es wichtig, dass die Teilnehmer zu Beginn der Studie noch nicht an der zu untersuchenden Krankheit leiden. Die Risikofaktoren für eine bestimmte Erkrankung lassen sich so vor ihrem Entstehen erfassen, wodurch eine Verfälschung der Daten durch die Erkrankung weitestgehend verhindert werden kann - ein entscheidender Vorteil gegenüber retrospektiven Studien.

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

Die Leibniz-Gemeinschaft vereint 89 Einrichtungen, die anwendungsbezogene Grundlagenforschung betreiben und wissenschaftliche Infrastruktur bereitstellen. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Einrichtungen rund 18.100 Menschen – darunter 9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – bei einem Jahresetat von insgesamt knapp 1,64 Milliarden Euro. Die Leibniz-Gemeinschaft zeichnet sich durch die Vielfalt der in den Einrichtungen bearbeiteten Themen und Disziplinen aus. Die Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft bewahren und erforschen das natürliche und kulturelle Erbe. Darüber hinaus sind sie Schaufenster der Forschung, Orte des Lernens und der Faszination für die Wissenschaft.

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Dr. Krasimira Aleksandrova
Abteilung Epidemiologie
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
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