Potsdamer Ernährungsforscher erhält renommierten Paul Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Nachwuchspreis

► Prof. Dr. Tim Julius Schulz (Foto: Faceland Photography Berlin, Antje Lenz von Kolkow)

Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)

Eine Pressemitteilung aus der Leibniz-Gemeinschaft

23.01.2018

Potsdamer Ernährungsforscher erhält renommierten Paul Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Nachwuchspreis

Potsdam-Rehbrücke - Professor Dr. Tim J. Schulz vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) wird am 14. März 2018 mit dem 60.000 Euro dotierten und international renommierten Paul Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Nachwuchspreis ausgezeichnet werden. Die Paul-Ehrlich-Stiftung ehrt den 38 Jahre alten Biochemiker und Ernährungsforscher Schulz für seine biomedizinischen Arbeiten zur Funktion von weißen und braunen Fettzellen. Schulz untersucht, welche physiologischen oder pathologischen Wirkungen beide Fettzell-Typen haben, ob man diese Wirkungen steuern kann, und wie braunes und weißes Fett aus Stammzellen entsteht. Ihn interessieren dabei sowohl Fragen der zellulären Differenzierung als auch Fragen der Ernährung.

„Tim Schulz hat mit seiner exzellenten Arbeit einen großen Beitrag zum Verständnis der Fettzellentwicklung und -funktion geleistet“, sagt Tilman Grune, wissenschaftlicher Vorstand des DIfE. „Seine Erkenntnisse sind nicht nur aus ernährungsphysiologischer Sicht relevant, sondern auch aus medizinischer Sicht, denn sie zeigen neue Wege auf, bedeutende Volksleiden wie Adipositas, aber auch damit verbundene Krankheiten wie altersbedingte Knochenbrüche, besser zu therapieren. Wir freuen uns sehr, dass wir einen so fähigen, jungen Forscher als leitenden Wissenschaftler in unseren Reihen haben“, so Grune weiter.

Es ist erst seit einigen Jahren bekannt, dass Erwachsene neben weißem auch braunes Fettgewebe besitzen. Während weiße Fettzellen hauptsächlich der Energiespeicherung und der Wärmedämmung dienen, erzeugen braune Fettzellen Wärme und schützen den Körper auf diese Weise davor, auszukühlen. Beide Fettzelltypen erfüllen damit wichtige physiologische Funktionen. Allerdings können Fettzellen auch dazu beitragen, Krankheiten zu begünstigen. Zum Beispiel, indem sich weiße Fettzellen aufgrund einer falschen Ernährung und/oder aufgrund von Alterungsprozessen in untypischen Geweben ansammeln. Oder, wenn ein altersbedingter Verlust des braunen Fetts dazu beiträgt, dass der Energieumsatz des Körpers sinkt, was wiederum das Risiko für Übergewicht erhöht, das oft mit Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten einhergeht.

„Wir wissen, dass Übergewicht in der älteren Bevölkerung besonders weit verbreitet ist“, sagt Schulz. „Ältere Menschen haben auch häufig untypische, sogenannte ektopische Fettzellansammlungen im Knochenmark oder der Muskulatur. Diese Ansammlungen verringern die Regenerationsfähigkeit der betroffenen Gewebe und fördern deren Funktionsverlust sowie das Entstehen von Stoffwechselerkrankungen. Doch warum ist dies so, was passiert auf zellulärer und molekularer Ebene? Das sind spannende Fragen, die wir klären müssen, um neue Präventions- und Behandlungsstrategien entwickeln zu können“, so Schulz.

Eine erste Antwort auf diese Frage gab der Nachwuchspreisträger kürzlich in der angesehenen Fachzeitschrift Cell Stem Cell (Ambrosi et al. 2017), in der er erste Ergebnisse zu ektopen Fettzellansammlungen im Knochenmark veröffentlicht hat.

Schulz und sein Team zeigen in dieser Veröffentlichung, dass eine fettreiche Ernährung – insbesondere in Kombination mit einem fortgeschrittenen Alter – dazu führt, dass sich im Knochenmark vermehrt spezialisierte (Fett-)Vorläuferzellen ausbreiten. Diese tragen letztlich zu Fettansammlungen im Knochen bei. Dabei setzen die Fettzellen vermehrt ein bestimmtes Enzym frei, das nicht nur die Knochenheilung, sondern auch die Blutbildung im Knochenmark beeinträchtigt. Dieses Enzym ist auch aus der Diabetesforschung bekannt und durch seit Jahren erprobte Medikamente (Gliptine) hemmbar. Die Forscher gehen nun aufgrund ihrer Ergebnisse davon aus, dass diese Therapeutika nicht nur zuckerkranken Menschen helfen, sondern vielleicht auch die Knochenheilung bei älteren, übergewichtigen Patienten verbessern können. Das muss aber erst noch in klinischen Studien gezeigt werden.

Darüber hinaus hat Schulz in vielen zellbiologischen Untersuchungen beobachtet, dass auch die Zusammensetzung der Nahrung die Stammzellen des Knochens direkt beeinflusst. Sie bestimmt, ob aus den Stammzellen Knochen- oder Fettvorläuferzellen hervorgehen. Daher will Schulz mit seinem Team künftig untersuchen, inwiefern bestimmte Ernährungsformen und Nahrungsmittelinhaltstoffe dazu geeignet sind, die für die Knochenheilung verantwortlichen Stammzellen zu unterstützen. Schon heute würden die Forschungsergebnisse zeigen, - so Schulz - dass Menschen viel für ihre Knochengesundheit tun können, indem sie besonders im Alter auf ein normales Körpergewicht und eine ausgewogene Ernährung achten.

Nicht zuletzt suchen Schulz und sein Team nach Möglichkeiten, die Anzahl der braunen Fettzellen insbesondere im gealterten Organismus zu erhöhen oder deren Verlust entgegenzuwirken. Dies könnte eine mögliche Therapieoption gegen Übergewicht sein, weil diese Fettzellen dann überzählige Kalorien verbrennen.

Im Hinblick auf die zunehmende Überalterung der Gesellschaft und den im Alter gehäuft auftretenden Volkskrankheiten seien die zu erwartenden Forschungsergebnisse besonders relevant, ist sich auch DIfE-Vorstand Grune sicher.

Zur Person von Prof. Dr. Tim Julius Schulz

Tim Julius Schulz studierte Biochemie an der Universität Potsdam, seine Diplomarbeit wurde von Prof. Michael Ristow und Prof. Andreas Pfeiffer vom DIfE betreut. 2004 schloss er sein Diplomstudium erfolgreich ab und wechselte zur Promotion an die Friedrich-Schiller-Universität Jena. Am Lehrstuhl für Humanernährung von Prof. Michael Ristow wurde er 2007 zum Dr. rer. nat. promoviert, wobei seine Dissertation mit dem Promotionspreis der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena ausgezeichnet wurde. Anschließend erfolgte ein fünfjähriger Forschungsaufenthalt am Joslin Diabetes Center und der Harvard Medical School in Boston USA, im Department of Integrative Physiology and Metabolism. Von 2012 bis 2016 leitete Schulz die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Emmy Noether-Nachwuchsgruppe "Fettzell-Entwicklung" am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). Deren Forschungsarbeiten führt er seit 2016 als Leiter der Abteilung "Fettzell-Entwicklung und Ernährung" fort. Der Wissenschaftler ist gemeinsam von der Universität Potsdam und dem DIfE berufener Professor.

Die Paul Ehrlich-Stiftung

Die Paul Ehrlich-Stiftung ist eine rechtlich unselbstständige Stiftung, die treuhänderisch von der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität verwaltet wird. Ehrenpräsident der 1929 von Hedwig Ehrlich eingerichteten Stiftung ist Professor Dr. Peter Strohschneider, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der auch die gewählten Mitglieder des Stiftungsrates und des Kuratoriums beruft. Vorsitzender des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung ist Professor Dr. Thomas Boehm, Direktor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, Vorsitzender des Kuratoriums ist Professor Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Prof. Dr. Wilhelm Bender ist in seiner Funktion als Vorsitzender der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität zugleich Mitglied des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung. Die Präsidentin der Goethe-Universität ist in dieser Funktion zugleich Mitglied des Kuratoriums.

Kontakt:

Prof. Dr. Tim J. Schulz
Abteilung Fettzell-Entwicklung und Ernährung
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Nuthetal/Deutschland
Tel.: +49 (0)33200 88-2114/-2110
E-Mail: tim.schulz@dife.de

Pressekontakt:

Dr. Gisela Olias
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Tel.: +49 (0)33200 88-2278/-2335
E-Mail: olias@dife.de
oder presse@dife.de

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 93 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.700 Personen, darunter 9.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,8 Milliarden Euro.

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