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25 Jahre Fraunhofer IAP: Polymer-Know-how für die Zukunft
Seit 1992 treibt das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm zusammen mit namhaften Partnern aus der Industrie die Zukunft von Polymeranwendungen voran. In der Ausstellung »25 Jahre Fraunhofer in den neuen Bundesländern« stellt das IAP als eines von 16 Fraunhofer-Instituten Highlights seiner Forschungsarbeiten vor. Im Rahmen der Fraunhofer-Jahrestagung 2017 im Internationalen Congress Center in Dresden können sie vom 29. bis zum 31. Mai besichtigt werden.
Das Fraunhofer IAP wurde 1992 in Teltow-Seehof im Zuge der deutschen Wiedervereinigung als eines von neun neuen Fraunhofer-Instituten und -Einrichtungen gegründet. Wie die Mehrzahl dieser Institutionen ist es aus der Akademie der Wissenschaften (AdW) der DDR hervorgegangen. Aus dem Institut für Polymerenchemie der AdW in Teltow-Seehof entwickelten sich zwei Fraunhofer-Institutionen: das Fraunhofer IAP und die Fraunhofer-Einrichtung für Polymermaterialien und Composite PYCO. Heute sind beide wieder vereint. Im Januar 2016 wurde PYCO mit seinen Standorten Teltow und Wildau als sechster Forschungsbereich in das Fraunhofer IAP integriert.
»Die Fraunhofer-Gesellschaft ging nach der deutschen Wiedervereinigung äußerst zielorientiert vor und evaluierte die anwendungsnahe Forschung der AdW der DDR in eigener Verantwortung. Sie hatte äußerst schnell erkannt, über welches enorme Potenzial und Know-how das Institut für Polymerenchemie in Teltow-Seehof verfügte«, betont Professor Alexander Böker. Der Chemiker leitet das Fraunhofer IAP seit 2015 und wird im Anschluss an die Grußworte aus Wissenschaft, Politik und Industrie die Ausstellung »25 Jahre Fraunhofer in den neuen Bundesländern« eröffnen. »Bemerkenswert ist auch, wie fair und aufgeschlossen Fraunhofer damals auf die ostdeutsche Forschung zuging«, lobt Böker.
Anwendungsspektrum maßgeblich erweitert
Im Jahr 2000 zog das Fraunhofer IAP von Teltow in ein neues Gebäude im Wissenschaftspark Potsdam-Golm. Schon damals standen Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen wie Cellulose, Stärke und Polysaccharide sowie synthetische Polymere im Fokus. Mittlerweile hat sich das Repertoire an Forschungsleistungen und Anwendungsfeldern deutlich erweitert. Mit sechs Forschungsbereichen verfügt das IAP heute über eine Vielzahl ausgewiesener Expertisen in unterschiedlichsten Anwendungsfeldern, z. B. faserverstärkte Biokunststoffe für den Leichtbau, gedruckte organische Elektronik für Displays, organische Photovoltaik oder Sicherheitsanwendungen, Mikroverkapselung für den Schutz von Oberflächen, oder biokompatible Materialien für die Medizintechnik, um nur einige zu nennen. Zu den neueren Forschungsfeldern zählen unter anderem biotechnologisch und chemisch modifizierte Proteine und Naturfasern, Formgedächtnispolymere, funktionsintegrierte Werkstoffe oder die Nutzung biotechnologischer Prozesse zur effizienteren Nutzung nachwachsender Rohstoffe wie Stärke, Cellulose oder Lignin.
Forschung und Entwicklung im industrienahen Maßstab
Um noch besser den Anforderungen der Industriepartner gerecht zu werden, können eine Reihe von Pilot- und Technikumsanlagen am Fraunhofer IAP die Übertragung von Prozessen in einen industrienahen Maßstab ermöglichen. Dabei sind alle Entwicklungen auf spezielle Anwendungen zugeschnitten.
Mit dem Neubau in Golm entstand ein Technikum, in dem Polymere aus Lösung und Schmelze verarbeitet werden können. Heute ermöglichen hier Hightech-Nass- und Schmelzspinnanlagen die Entwicklung von Hochleistungsfasern. Auch Carbonfasern werden entwickelt. Das Fraunhofer IAP verfügt zudem über eine Miniplant-Anlage zur Synthese von Polymilchsäure.
Mit dem 2005 eröffneten Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung PAZ in Schkopau – einer gemeinsamen Initiative der Fraunhofer-Institute IAP in Potsdam-Golm und IMWS in Halle – wurde es möglich, industrienahe Forschung zu Polymersynthese und -verarbeitung im Tonnenmaßstab zu betreiben.
Als zweite Ausbaustufe des Fraunhofer IAP eröffnete zudem 2012 das »Anwendungszentrum für Innovative Polymertechnologien«. Eine Pilotanlage für organische Elektronik erlaubt es, auch größere Musterserien von flexiblen oder starren OLEDs und organischen Solarzellen herzustellen. Zudem können in einem Biotechnikum biotechnologische Prozesse entwickelt werden, um nachwachsende Rohstoffe wie Stärke, Cellulose oder Lignin künftig effizienter nutzen zu können. Dabei sollen die Biopolymere aus Reststoffen der Agrar- und Forstwirtschaft mit Hilfe neu entwickelter Enzymsysteme biotechnologisch gewonnen werden.
Das 2013 eröffnete Verarbeitungstechnikum Biopolymere Schwarzheide ist ebenfalls stark auf den industrienahen Maßstab ausgerichtet, mit dem Fokus auf Biopolymere, die zu Folien verarbeitet werden. Im Forschungsbereich PYCO werden hochvernetzte Polymere für Industriepartner entwickelt und im großtechnischen Maßstab unter anderem mit Prepreg- und Beschichtungsanlagen verarbeitet.
Ausblick: Forschung für die Zukunft
»In den kommenden 25 Jahren werden Innovationen im Bereich der Polymerforschung entstehen, indem Disziplinen wie Physik, Chemie, Biologie, Medizin, Informationstechnologie und Maschinenbau noch stärker miteinander verschmelzen. Durch diese Kombination werden Werkstoffe entstehen, die bisher nicht möglich erschienen und völlig neue Anwendungsgebiete eröffnen«, erklärt Böker. In dem kürzlich eröffneten Leistungszentrum »Integration biologischer und physikalisch-chemischer Materialfunktionen« arbeiten die Forscher bereits daran, Produkte zu entwickeln, die in möglichst wenigen Prozessschritten gefertigt werden können und dabei über möglichst viele technisch relevante Funktionen verfügen.
Weitere Informationen:
Umweltfreundlich, effizient, biokompatibel - Projektbeispiele
Umweltfreundlich | Ein Highlight-Projekt im Bereich der Biopolymerforschung war und ist die Optimierung des mehr als 100 Jahre alten Viskoseprozesses zur Herstellung von regenerierten Cellulosefasern und Folien.Um Cellulose verarbeiten zu können, muss sie mit Hilfe von umweltschädlichem Schwefelkohlenstoff derivatisiert werden. Gemeinsam mit Industriepartnern wurden am Fraunhofer IAP, zwei deutlich umweltfreundlichere
Spinn- und Verformungstechnologien entwickelt und bis in den industriellen Maßstab übertragen.
Effizient | Eine höhere Effizienz war das Ziel eines Industrieprojektes zur Synthese von künstlichem Kautschuk.Da das Angebot an Naturkautschuk schwankt, ist synthetisch hergestellter Kautschuk eine wichtige Alternative. Im Synthesetechnikum des Fraunhofer PAZ war es gelungen, die Energiekosten zur Herstellung des künstlichen Kautschuks zu halbieren, indem wesentlich effizientere Produkttrocknungsprozeduren entwickelt wurden.
Biokompatibel | Am Fraunhofer IAP entwickelten Forscher gemeinsam mit Augenärzten und Firmen die künstliche Augenhornhaut ArtCornea®. Das Vorgängermodell hat bereits über 40 Patienten das Augenlicht zurückgegeben. ArtCornea® ist wesentlich günstiger und noch leichter implantierbar als das Vorgängermodell. Künftig soll in klinischen Studien die Verträglichkeit über einen längeren Zeitraum getestet werden. Die ArtCornea® wird auf der Ausstellung »25 Jahre Fraunhofer in den neuen Bundesländern« vorgestellt.
Institutsleiter des Fraunhofer IAP im Überblick:
1992: Prof. Heinz Zimmermann
1997: Prof. Ulrich Buller
2006: Prof. Hans-Peter Fink
2015: Prof. Alexander Böker