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Brustkrebs-Diagnose in Echtzeit
Fraunhofer IAP erweitert Expertise mit neuer Arbeitsgruppe
Die Entwicklung von effizienten und schonenden Methoden zur Diagnose von Brustkrebs auf Basis von Blut steht im Fokus der neuen Arbeitsgruppe »Nanozelluläre Wechselwirkungen« am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP. Geleitet wird die Gruppe am Standort CAN in Hamburg seit dem 1. Juli 2020 von Dr. Neus Feliu Torres. Sie ist eine von fünf »High Potentials«, die Fraunhofer 2019 mit seinem »Attract«-Programm gewinnen konnte. Mittels der »Liquid Biopsy«-Verfahren, die sie im Projekt LIBIMEDOTS entwickeln möchte, sollen bei Brustkrebspatientinnen u. a. Krankheitsstatus und Krankheitsverlauf in Echtzeit verfolgt werden können.
Brustkrebs ist der am häufigsten diagnostizierte Tumor bei Frauen. Konventionell erfolgt die Diagnose über eine Biopsie, um zu klären, ob es sich etwa bei einem verdächtigen Knoten um eine harmlose oder krankhafte Gewebeveränderung handelt. Dabei entnimmt die Ärztin oder der Arzt kleine Gewebeteile, die im Labor untersucht werden. Das Ergebnis liegt nach etwa vier bis fünf Tagen vor. Gewebebiopsien sind also zeitaufwendig und liefern keine Echtzeit-Aussagen zu Krankheitsstatus und Krankheitsverlauf. Zudem sind sie invasiv, kostspielig, schmerzhaft und können auch riskant sein.
Liquid Biopsy - Monitoring von Krebspatienten
Aus diesem Grund möchte das Forscher-Team um Dr. Neus Feliu Torres in dem Projekt LIBIMEDOTS neuartige »Liquid Biopsy«-Verfahren als nicht-invasive Alternativen entwickeln. Durch sie sollen – meist aus einer Blutprobe – Informationen über eine Krebserkrankung gewonnen werden. Die im Blut zirkulierende Tumorzellen (circulating tumor cells, CTCs) werden angereichert und hinsichtlich spezieller Tumormarker ausgewertet (Zelltypisierung). Dies soll künftig eine kontinuierliche Überwachung der Krankheit bieten und beispielsweise Aussagen dazu liefern, ob eine Therapie erfolgreich ist oder angepasst werden muss. Auch zur Krebsfrüherkennung könnte die Methode künftig eingesetzt werden. Bisher sind Liquid Biopsy-basierte Tests – mit wenigen Ausnahmen – jedoch noch keine Standardverfahren.
Bislang wird die Anreicherung von CTCs im Blut durch Bindung von magnetischen Nanopartikeln an die Oberfläche der Tumorzelle erreicht. Doch die Magnetpartikel nehmen dort Platz ein, der dann fehlt, um Tumormarker auf der Zelloberfläche zu erkennen. Das volle Potenzial der Zelltypisierung wird also auf Kosten der Anreicherung geopfert.
Das Ziel: Wesentliche höhere Markierungsrate von Tumormarkern
Auch im LIBIMEDOTS-Projekt sollen magnetische Nanopartikel eingesetzt werden, allerdings nicht auf der Oberfläche der Tumorzellen. »Wir wollen magnetische Nanopartikel entwickeln, die von den Tumorzellen aufgenommen werden. Somit bleibt das gesamte Potenzial der Zelloberfläche zur Detektion von Tumormarkern erhalten«, erklärt die Chemikerin und Medizinwissenschaftlerin. »Zur anschließenden Zelltypisierung werden wir fluoreszenzmarkierte Nanopartikel verwenden, mit denen bis zu 18 verschiedene Marker mittels Durchflusszytometrie im Multiplexverfahren detektiert werden können. Eine wichtige Grundlage dieses Projekts wird daher einerseits die Entwicklung von magnetischen Nanopartikeln und andererseits von fluoreszenzmarkierten Nanopartikeln sein«, so Feliu Torres.
Im Rahmen des LIBIMEDOTS-Projekts arbeitet sie eng mit Prof. Ramon Alvarez-Puebla zusammen, einem führenden Experten für Spektroskopie von der spanischen Rovira i Virgili Universität. Er ist zudem ein Pionier bei der Entwicklung von Liquid Biopsy-Verfahren und Methoden für die Detektion von Markern. Mit ihm hat Dr. Feliu Torres bereits enge Kooperationsprojekte, ebenso wie mit Prof. Klaus Pantel vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der von medizinischer Seite Spezialist für Liquid Biopsy ist. Gemeinsam bilden die drei Experten ein sehr starkes Team, das über das Know-how verfügt, um Liquid Biopsy-Methoden voranzutreiben und weiterzuentwickeln.
Eine Idee wird zur Innovation
Ihre Forschungsarbeiten startete Dr. Feliu Torres im Juli mit einer neuen Arbeitsgruppe am Fraunhofer-Zentrum für Angewandte Nanotechnologie CAN, einem Forschungsbereich des Fraunhofer IAP am Standort Hamburg. Prof. Horst Weller, Leiter des CAN, freut sich: »Mit ihrer vielseitigen Expertise zu Nanomaterialien für biomedizinische Anwendungen ergänzt Frau Feliu Torres ganz hervorragend unsere Aktivitäten im Bereich der Nanopartikel. Wir freuen uns sehr, dass wir sie im Rahmen des Attract-Programms gewinnen konnten.« Mit dem Förderprogramm Attract bietet Fraunhofer hochqualifizierten Forscherpersönlichkeiten die Möglichkeit, ihre Ideen bei Fraunhofer anwendungsorientiert weiterzuentwickeln.
Die gebürtige Katalanin studierte Chemie an der Universität Barcelona und am Royal Institute of Technology in Stockholm. Sie promovierte am Karolinska Institut in Stockholm im Bereich Medizinwissenschaften und absolvierte zahlreiche Forschungsaufenthalte. Zuletzt arbeitete sie an der Universität Hamburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Gruppenleiterin.
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Foto: Dr. Neus Feliu Torres leitet seit 1. Juli 2020 die neue Arbeitsgruppe »Nanozelluläre Wechselwirkungen« am Fraunhofer IAP-Standort CAN in Hamburg.