Die Gedenkstätte Leistikowstraße Potsdam sucht Fotos vom Areal des sowjetischen Militärgeheimdienstes in der Nauener Vorstadt

Im Sommer 2014 jährt sich der Abzug der Westgruppe der russischen Truppen zum 20. Mal. Im sogenannten Militärstädtchen Nr. 7 in Potsdam fiel am 15. August 1994 die letzte Mauer. Fast 50 Jahre lang war das Gelände zwischen Neuem Garten und Pfingstberg eine „verbotene Stadt“: die Deutschlandzentrale der sowjetischen Spionageabwehr mit einem Gefängnis im Mittelpunkt.

Die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam erinnert im Mai mit einer Themenwoche an dieses historische Datum. Mit dem Truppenabzug und der damit einhergehenden Freigabe des ehemaligen Gefängnisgebäudes sowie dem Beginn des bürgerschaftlichen Engagements setzte ein Prozess ein, der Ende 2008 zur Gründung der Stiftung Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam führte, die nunmehr seit fünf Jahren das ehemalige Gefängnisgebäude als Gedenkstätte betreibt.

Zum Auftakt der Themenwoche wird am 13. Mai die Ausstellung „Nach dem Fall der letzten Mauer. Das ‚Militärstädtchen Nr. 7‘ im Sommer 1994“ eröffnet. Die Fotoausstellung zeigt eindrucksvolle Aufnahmen des Potsdamers Joachim Liebe und des Niederländers Erik-Jan Ouwerkerk, die zu den ersten Fotografen gehörten, die sich für das verlassene Areal der sowjetischen Spionageabwehr und das Gefängnisgebäude interessierten. Joachim Liebe porträtierte am 5. September 1994 ehemalige Häftlinge bei ihrer ersten Wiederbegegnung mit dem Ort dramatischer Hafterfahrungen. Erik-Jan Ouwerkerk fotografierte vor allem das verwahrloste Viertel als Chiffre für Abwesenheit. Es entstanden bewegende Momentaufnahmen aus einer Zeit zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam sucht für dieses Ausstellungsprojekt Privataufnahmen vom und aus dem „Militärstädtchen“, die in einem digitalen Fotoalbum präsentiert werden sollen. Obwohl das Areal mit einer meterhohen Betonmauern abgeriegelt war, riskierten Nachbarn und interessierte Potsdamer manchmal einen Blick hinter die Absperrung. Es entstanden heimliche Aufnahmen über die Mauern oder durch den Stacheldraht hindurch wie das Schwarzweiß-Foto von Birgit Ragotzky. Sie fotografierte eines Morgens in den 1980er Jahren vom Balkon ihrer Mietwohnung in der Großen Weinmeisterstraße 28 unmittelbar am nördlichen Zugangstor einen bewaffneten Soldaten auf einem nahgelegenen Wachturm.

Seit 1992 kamen frühere Eigentümer, Historiker oder Fotografen mit einer Sondergenehmigung auf das Gelände, das zunächst vom Bundesvermögensamt verwaltet wurde. Bei einem dieser Besuche entstand das Erinnerungsfotos, dass Hans von Treichel-Mirbach vor dem Eingangstor zum Kasernengelände zeigt. Er sicherte den Roten Stern dieses Tores und übergab ihn 2011 der Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße. Seine Familie besaß das Haus Am Neuen Garten 25, das dem Geheimdienst bis in die 1980er Jahre hinein als Gästehaus diente. Ab 1995 war ein uneingeschränkter Zugang möglich. Nicht immer ging es dabei so spektakulär zu wie im folgenden Fall: Ein ehemaliger Bewohner flog Anfang der 1990er Jahre mit einer Cessna über das Gelände, um sein Elternhaus zu fotografieren. Dafür hatte er seine Kamera mit Paketklebeband am Flugzeug befestigt.

„In der Ausstellung wollen wir auch die Geschichten dieser Fotos sowie weiterer Aufnahmen, die uns hoffentlich noch erreichen, erzählen“, sagte Gedenkstättenleiterin Dr. Ines Reich heute in Potsdam. „Welche Erfahrungen haben Sie mit dem ‚Militärstädtchen Nr. 7‘ und seinen Bewohnern gemacht? Waren Sie selbst als Mitglied eines Handwerksbetriebes im „Städtchen“ an Reparatur- und Bauarbeiten beteiligt? Wie lief der Zugang ins Areal ab? Wie kamen Sie nach der Wende das erste Mal auf das Gelände? Was hat Sie am meisten bewegt? Ob dramatisch oder komisch, bewegend oder einfach interessant: Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns Ihre Fotos oder Filme mit den dazugehörigen Geschichten zukommen lassen. Ausgewählte Beiträge zeigen wir ab 13. Mai in unserer Ausstellung“, sagte Reich weiter.

Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße Potsdam
Leistikowstraße 1, 14469 Potsdam
Telefon: 0331-2011540
E-Mail: mail@gedenkstaette-leistikowstrasse.de

Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag 14 - 18 Uhr
Montag geschlossen

Information: www.gedenkstaette-leistikowstrasse.de