Warum muss man eigentlich schlafen? [Gregor, 4]
Der 4jährige Gregor fragt: „Warum schlafen wir eigentlich?“ Sein Freund Oliver meint: „Das ist doch ganz klar: Weil wir müde sind!“ Da fragt Gregor natürlich gleich: „Und warum sind wir müde? Meine Schwester sagt, sie ist niemals müde. Deshalb will sie auch abends nie ins Bett.“
Ich konnte diesen Frage-Antwort-Pingpong mit anhören und mischte mich ein:
Die Frage, warum wir schlafen, ist wirklich wichtig. Selbst die Gelehrten wissen das nicht so genau. Was wir aber am Morgen nach unserem Nachtschlaf merken, ist doch, dass wir erholt aufwachen. Uns hat der Schlaf also fit gemacht für den kommenden Tag.
Wie kommt es aber zu dieser Erfrischung im Körper, die wir gar nicht trinken können?
Im Körper erfolgt im Schlaf eine Art Reinigung. Alles, was am Tage durchgeschüttelt wurde, wird wieder richtig in Form gebracht:
Die Muskeln und die Gelenke zum Beispiel. Im Tiefschlaf sind die Muskeln ganz schlapp. Das spart Energie, die für neue Taten am nächsten Tag wieder nötig ist. Dann können wir zum Morgen wieder einen schönen Kreis malen, viel besser als am Abend. Ausgeschlafen gelingt uns alles besser. Wir machen weniger Unsinn.
Auch Gedanken sind am Tag bei der Menge, die wir denken mussten, im Gehirn - also in unserem Kopf - ziemlich durcheinander gekommen und werden im Schlaf geordnet. Das macht unseren Geist wieder fit für neue Gedanken am nächsten Tag. Geistig erfrischt haben wir dann wieder Aha-Effekte. Demnach hilft der Schlaf auch beim guten Lernen, also auch dabei, schlau zu werden. Die Fachleute meinen, nur weil wir schlafen, können wir uns bestimmte Dinge gut merken.
Aber auch dass wir etwas ganz automatisch tun können, verdanken wir dem Schlaf. Wir müssen somit nicht mehr nachdenken, wie man eine Tür aufmacht. Den Ablauf der Bewegungen haben wir gelernt und im Traumschlaf das Gelernte dann gespeichert.
Neben der Reinigung von Muskeln und Gedanken läuft auch die Reinigung von krankmachenden Keimen in unserem Körper im Schlaf ab. Die Fachleute meinen, die Immunabwehr wird gestärkt. Wenn wir krank sind, schlafen wir uns gesund.
Und noch etwas erfolgt im Schlaf: Wir wachsen im Schlaf. Jedenfalls wird ein Wachstumsbotenstoff im Gehirn nur ausgeschüttet, wenn wir besonders fest schlafen.
Es scheint, dass in uns im Schlaf Heinzelmännchen tätig sind, und all das Gesagte verrichten. Haben sie mal in unserem Inneren des nachts besonders viel zu tun, kann es sein, dass ihre viele Arbeit uns aufweckt, sogar mit einem schlimmen Traum. Das kommt bei jedem Kind mal vor.
Wer also nicht ins Bett gehen und immer wach bleiben will, kann möglicherweise nicht richtig wachsen, nicht richtig malen und nicht richtig schlau werden.
„Oh“, meinte Gregor, „das werde ich gleich mal meiner Schwester erzählen.“ Ich meinte noch schnell zu Julius: „Und sag ihr auch, wenn sie sich am Tage draußen an der frischen Luft viel bewegt und regelmäßig zu den Mahlzeiten isst, dann wird sie auch am Abend besonders müde sein!“
Dr. med. Karsten Klementz ist Kinderarzt und Schlafmediziner im Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam.