Algen sind die effizienteren „Pflanzen“

Die Photosynthese ist ein Prozess in Pflanzen und Algen, der sich über die letzten drei Milliarden Jahre etabliert und ständig angepasst hat. Forscher vermuten allerdings, dass dieser wichtige Prozess in Nutzpflanzen immer noch nicht effizient genug abläuft, so dass sie diesen weiter verbessern und somit den Ertrag von Nutzpflanzen steigern könnten. Ein Vorbild könnten Algen sein, die sich vor allem an sehr extreme Standorte angepasst haben. Diese detailliert zu analysieren war bisher allerdings kaum möglich. Eine neue Methode, die Forschende am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) kürzlich in Nature Plants veröffentlicht haben, soll dazu beitragen zukünftig diese Wissenslücken zu schließen.

Die Photosynthese gilt als der bedeutendste Prozess für das Leben auf der Erde, wie wir es heute kennen. Zum einen entsteht Sauerstoff, der Grundlage für das tierische und menschliche Leben ist, zum anderen ist es der grundlegende Prozess in Pflanzen, um Biomasse zu bilden. Je nachdem, wo photosynthetische Organismen leben, müssen sie mit ganz unterschiedlichen Bedingungen zurechtkommen und haben hier zum Teil ihre Photosynthese entsprechend angepasst. Vor allem Algen leben häufig unter sehr extremen Bedingungen und haben verschiedenste Stoffwechselanpassungen erfahren.

Ziel der Pflanzenzüchtung ist vorrangig die Steigerung des Ertrags von Nutzpflanzen. Hierbei hat man sich im letzten halben Jahrhundert hauptsächlich auf die Resistenz gegen Schädlinge und Krankheitserreger und die pflanzliche Architektur selbst konzentriert. In den letzten zehn Jahren rückte nun der Prozess der Photosynthese in den Fokus der Züchtung, mit dem Ziel eine weitere Ertragssteigerung von Nutzpflanzen zu erreichen. Eine Verbesserung der Photosyntheserate könnte Pflanzen effizienter machen, ein wichtiges Ziel, da in den letzten Jahrzehnten die Möglichkeit der „herkömmlichen“ Ertragssteigerung stark stagnierte.

Aber kann man einen über drei Mrd. Jahre alten Prozess überhaupt optimieren? Ja! Der Selektionsdruck hat auch heute noch nicht abgenommen, denn erstens haben sich die Vorfahren vieler Kulturpflanzen so entwickelt, dass sie unter natürlichen Bedingungen, die sich von denen des Anbaus unterscheiden, optimal gedeihen, und zweitens ändern sich viele der Umweltfaktoren, die die Photosynthese beeinflussen, ständig, wie z. B. die Temperatur, der Niederschlag oder der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre. Außerdem haben erste Schritte zur genetischen Verbesserung der Photosynthese bei Nutzpflanzen bereits vielversprechende Ergebnisse gebracht.

Darüber hinaus weiß man, dass die Photosynthese-Effizienz in höheren Pflanzen bei weitem noch nicht ihr Maximum erreicht hat. Algen weisen dagegen eine weitaus bessere Effizienz auf. „Deshalb vermuten wir, dass Algen als zukünftige Vorlage für die Verbesserung von Nutzpflanzen dienen könnten“, erklärt Dr. Haim Trebes, der am MPI-MP mittels eines „Human Frontier Science“- Stipendiums zu diesem Thema forschte und nun seine Arbeiten als Dozent an der Tel Aviv University fortsetzt. „Bisher wurde diese Quelle nur wenig genutzt, dabei weisen Algen aufgrund ihrer vielfältigen Anpassungen an extreme Umweltbedingungen eine große Stoffwechselvielfalt auf.“

Die Herausforderung lag bisher aber darin, dass passende Technologien zur Bestimmung der Reaktionsabläufe in Algen fehlen. Die Forschenden um Haim Trebes und Mark Stitt am MPI-MP veröffentlichten nun einen methodischen Ansatz um diese Lücke zu schließen. Mit Hilfe von Kohlenstoffdioxidmarkierungen konnten sie Stoffwechselflüsse in verschiedenen Algen messen und quantifizieren und die gewonnen Ergebnisse mit denen aus Gefäßpflanzen, wie Mais und Ackerschmalwand, vergleichen. Sogar sehr schnelle Reaktionen, wie die Kohlenstofffixierung während des Photosynthese-Prozess, konnten analysiert werden.

Diese neue Methodik ebnet den Weg für zukünftige Analysen von Algen, die eine Lösung für eine nachhaltige Ernährung darstellen könnten. Hierdurch könnten Algen z.B. als Modellorganismen zur Verfügung stehen, um die Photosynthese in höheren Pflanzen zukünftig weiter zu optimieren.

Kontakt

Dr. Haim Trebes
Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie
Trebes@mpimp-golm.mpg.de
oder htreves@tauex.tau.ac.il

Dr. Ulrike Glaubitz
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie
Tel. 0331/567 8275
Glaubitz@mpimp-golm.mpg.de
http://www.mpimp-golm.mpg.de

Originalveröffentlichung

Haim Treves, Anika Küken, Stéphanie Arrivault, Hirofumi Ishihara, Ines Hoppe, Alexander Erban, Melanie Höhne, Thiago Alexandre Moraes, Joachim Kopka, Jedrzej Szymanski, Zoran Nikoloski and Mark Stitt

Carbon flux through photosynthesis and central carbon metabolism show distinct patterns between algae, C3 and C4 plants

Nature Plants, 23.12.2021, https://doi.org/10.1038/s41477-021-01042-5

Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP)

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