„Er ist als Ausländer fluchtverdächtig.“ Zwangsarbeit und NS-Justiz in Potsdam (1940–1945)

22. Nov. 2024 - 10:00 Uhr bis 15. Jun. 2025 - 18:00 Uhr

Die kommende Sonderausstellung über Zwangsarbeit und NS-Justiz in Potsdam (1940-1945) thematisiert vom 22. November 2024 bis 15. Juni 2025 das von Deutschen in Brandenburg und europaweit begangene Verbrechen der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus. Sie führt vor allem anhand der Lebensgeschichten von in der Lindenstraße inhaftierten Zwangsarbeiter:innen die verheerenden Folgen rassistischer Ideologie und Politik vor Augen und leistet damit einen Beitrag, die Betroffenen von NS-Zwangsarbeit ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Fast 80 Jahre nach Kriegsende erinnert nur wenig an ein menschenunwürdiges System im nationalsozialistischen Deutschland: die Ausbeutung von 8,4 Millionen zivilen Zwangsarbeiter:innen aus ganz Europa. Dabei war auch im heutigen Land Brandenburg und in Potsdam Zwangsarbeit in der NS-Diktatur zwischen 1940 und 1945 omnipräsent. Die ausländischen Zivil- und Zwangsarbeiter:innen sind bislang eine wenig beachtete Haftgruppe des Haftorts Lindenstraße. Mehrere Hundert Männer und Frauen aus mindestens 20 Nationen sind als Inhaftierte des Gerichtsgefängnisses Potsdam belegt. Die deutschen Besatzer hatten sie neben Millionen anderen für die Arbeit in Deutschland angeworben, gezwungen oder genötigt und an Einsatzorte transportiert, wo sie den kriegsbedingten Arbeitskräftemangel ausgleichen sollten. Über die zivilen Zwangsarbeiter:innen, die in der Provinz Brandenburg ihre Einsatzorte hatten und aus unterschiedlichen Gründen im Gefängnis Lindenstraße inhaftiert waren, ist in der breiteren Öffentlichkeit kaum etwas bekannt.

Basierend auf neuen Recherchen präsentiert die Sonderausstellung erstmals ein Haftbuch der in der Lindenstraße festgehaltenen ausländischen Arbeitskräfte. Im Zentrum der Ausstellung stehen 18 repräsentative Biografien von Inhaftierten, welche die Verfolgungs- und Urteilspraxis von Polizei, Gestapo, Staatsanwaltschaften und Gerichten für das Gebiet des heutigen Bundeslandes Brandenburg näher betrachten. An ihren Lebenswegen werden zugleich Rekrutierungsformen sowie Arbeits- und Lebensbedingungen in Potsdam und weiteren ausgewählten Orten im Land Brandenburg sichtbar. Reflektiert werden in Kontextmodulen auch die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe der NS-Zwangsarbeit.

Mit der Ausstellung erinnert die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße noch einmal umfangreicher, als dies bisher am Ort geschieht, an das menschenunwürdige und rassistisch strukturierte Ausbeutungsunternehmen und an die Beziehungsgeschichte zwischen Deutschen und ausländischen Arbeitskräften. Sie arbeitet damit zugleich einen weiteren Teil der Geschichte des Hauses auf.

Die Ausstellung wird durch ein Begleitprogramm u.a. mit Kuratoren-Führungen, thematischen Stadtrundgängen und einer Filmveranstaltung ergänzt. Es erscheint ein Katalogband.

Gefördert durch die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung.

Standort
Lindenstraße 54/55
14467 Potsdam
Deutschland

Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße

Die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße befindet sich am ehemaligen Haft- und Gerichtsort Lindenstraße 54/55 mitten in der Potsdamer Innenstadt. In der Zeit des Nationalsozialismus war das Haus …