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Doppelsterne verraten Neues über die Entwicklungsgeschichte der Milchstraße
Die Umlaufbahnen von Doppelsternen sind eine direkte Folge der zeitlichen Entwicklung der Milchstraße. Diese wichtige Beobachtung wird die Bedingungen für die Entwicklungsgeschichte der Galaxis neu definieren, da ist sich Humboldt-Stipendiat Dr. Joris Vos vom Institut für Physik und Astronomie sicher.
Doppelsternsysteme, die aus kleinen heißen blauen Sternen und unserer Sonne ähnlichen Sternen bestehen, sind die Forschungsobjekte der Studie, die kürzlich als Highlight in „Astronomy & Astrophysics“ erschienen ist. Autoren der Universität Potsdam, der Lund University (Schweden) und der Universidad de Valparaíso (Chile) untersuchten darin Sterne, die um ein gemeinsames Massezentrum kreisen. Die kleinen heißen blauen Sterne, sogenannte Unterzwergsterne, sind Kerne von Roten Riesensternen, die Helium verbrennen und ihre äußeren Schichten aufgrund der Gravitationskraft ihrer sonnenähnlichen Begleiter verloren haben. Auch unsere Sonne wird zu solch einem Roten Riesenstern, sobald sie ihren Wasserstoffvorrat verbrannt hat. „Die Umlaufbahnen der Doppelsterne zeigen einen starken Zusammenhang zwischen den Umlaufperioden und Sternmassen, der mit bekannten Modellen stellarer Wechselwirkungen nur sehr schwer zu erklären ist“, sagt der Erstautor der Studie, Joris Vos aus der Arbeitsgruppe Stellare Astrophysik an der Universität Potsdam. „Wir haben herausgefunden, dass sich die Umlaufbahnen der von uns untersuchten Doppelsternsysteme direkt aus der zeitlichen Entwicklung der Galaxis ergeben.“
Zur Zeit der Entstehung der Milchstraße enthielten die Sterne in ihr sehr wenig Eisen. Die sich derzeit bildenden Sterne enthalten, so wie unsere Sonne, dagegen mehr Eisen. Der Unterschied im Eisengehalt führt dazu, dass Rote Riesensterne, genau wie ihre Umlaufbahnen, um bis zu 30 Prozent größer werden. Die Umlaufperioden der Doppelsterne lassen sich durch ein kombiniertes Modell der Sternwechselwirkungen und der zeitlichen Entwicklung der Eisenmenge in der Milchstraße erklären. Joris Vos betont: „Wir haben zum ersten Mal gezeigt, dass es eine wahrnehmbare Verbindung zwischen der chemischen Geschichte unserer Galaxis und Beobachtungen sowie Modellierung von entwickelten Doppelsternen gibt.“
Sowohl die Universität Potsdam als auch die Lund University sind an der 4MOST-Studie (ESO) beteiligt, die Spektren, Zusammensetzungen und Alter von 20 Millionen Sternen liefern wird. Die Lund University wirkt ferner an der Gaia-Mission (ESA) mit, die die Positionen von mehr als zwei Milliarden Sternen in der Galaxie kartiert hat. „Wir erwarten, dass diese neuen detaillierten Modelle der Entwicklung unserer Milchstraße genutzt werden, um Vorhersagen zu den darin enthaltenen Doppelsternsystemen zu machen. Diese wiederum sollten mit den Beobachtungen von Doppelsternen in Verbindung gebracht werden. Schließlich wollen wir der Gemeinschaft zeigen, dass viele neue Informationen durch eine interdisziplinärere Kommunikation zwischen den verschiedenen Bereichen der Astronomie gewonnen werden können“ resümiert Joris Vos.
Link zur Publikation: J. Vos, A. Bobrick and M. Vučković (2020): Observed binary populations reflect the Galactic history - Explaining the orbital period-mass ratio relation in wide hot subdwarf binaries,
A&A, 641 (2020) A163. https://doi.org/10.1051/0004-6361/201937195
Abbildung: Künstlerische Darstellung des Masseverlustes eines Roten Riesensterns aufgrund der Anziehungskraft seines sonnenähnlichen Begleiters. Abbildung: Joris Vos
Kontakt:
Dr. Joris Vos, Humboldt-Stipendiat, Institut für Physik und Astronomie, Tel.: 0331 977-5918, joris.vos@uv.cl
Medieninformation 20-11-2020 / Nr. 110
Dr. Stefanie Mikulla
Universität Potsdam
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