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Die vorsichtigen Pioniere: Wie Tiere sich ausbreiten und sich ihr Verhalten dabei ändert
Invasive Tier- und Pflanzenarten setzt der Biodiversität weltweit zu. Um die konkreten Ausbreitungsprozesse während einer biologischen Invasion besser zu verstehen, haben Forschende der Universität Potsdam und des Trinity College Dublin eine akute Invasion untersucht. Vor über 100 Jahren wurden versehentlich Rötelmäuse, eine Eurasische Wühlmausarte, an die Westküste Irlands gebracht, und breiten sich seither kontinuierlich aus. Es entstehen während der Ausbreitungsphase Randpopulationen mit besonderen Eigenschaften der einzelnen Individuen, die sich von den lang etablierten Kernpopulationen unterscheiden. Die Ergebnisse sind jetzt in den Proceedings der Royal Society und im Journal Current Zoology erschienen.
„Uns interessierte vor allem, wie risikobereit die Individuen bei der Erkundung ihrer Umgebung sind“, fasst Prof. Dr. Jana Eccard von der Universität Potsdam zusammen. „Wir hatten erwartet in den Randpopulationen besonders mutige Pioniere zu finden“. Über 300 Rötelmäuse in sechs verschiedenen irischen Waldstücken haben die Forschenden mit einem Risikotest untersucht. „In Randpopulationen entlang der aktuellen Ausbreitungszone sind die Individuen aber deutlich risikoscheuer und weniger aktiv, im Vergleich zu Tieren aus Kernpopulationen“, erklärt die Wissenschaftlerin. „Ein im Wald aufgebautes Testlabyrinth hingegen wurde in der Randpopulation ausführlicher untersucht als in den Kernpopulationen.“ Ausbreitung in unbekanntes Terrain mit unbekannten Fressfeinden und unbekannten Verstecken ist für Mäuse sehr gefährlich, so dass sich in der Randzone nur solche Tiere erfolgreich vermehren können, die besonders vorsichtig aber explorationsfreudig sind. Somit entsteht über viele Ausbreitungsgenerationen eine besonders vorsichtige Randpopulation. Wenn eine Population aber einmal etabliert ist, führen wiederum andere Eigenschaften wie Konkurrenzfähigkeit zum Erfolg, so dass nach einigen Generationen der Mut und die Aktivität wieder zunehmen.
Die räumliche Struktur von sich ausbreitenden Populationen lassen sich auf viele Ausbreitungsprozesse von Tieren übertragen. Die Arbeiten der Forschenden zeigen, dass die Untersuchung individueller Unterschiede innerhalb einer Population zum Verständnis von ökologischen Prozessen wie biologischen Invasionen beitragen.
Link zu den Publikationen (open access):
Eccard, JA, Mazza V, Holland, C, Stuart P 2023 The timid invasion: behavioural adjustments and range expansion in a non-native rodent. Proceedings of the Royal Society B, 290: 20230823. http://doi.org/10.1098/rspb.2023.0823
Mazza, V, Eccard, JA 2023 Expanding through the Emerald Isle: exploration and spatial orientation of non-native bank voles in Ireland. Current Zoology online: https://doi.org/10.1093/cz/zoad038
Abbildung: Rötelmäuse wurden 1920 von Mitteleuropa nach Irland eingeschleppt und breiten sich seither über die Insel aus. An mehreren Studienorten (schwarze Punkte) wurde das Verhalten von Tieren untersucht. Tiere der Ausbreitungszone (orange) sind vorsichtiger und weniger aktiv als Tiere in der etablierten Zone (grün), sie explorieren aber auch ausführlicher.
Kontakt:
Prof. Dr. Jana Anja Eccard, Institut für Biologie und Biochemie (Tierökologie)
Tel.: 0331 977-1923
E-Mail: jana.eccard@uni-potsdam.de
Medieninformation 26-09-2023 / Nr. 097
Dr. Silke Engel
Universität Potsdam
Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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