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Nächstes Heft der "Zeithistorischen Forschungen", (Mitte Juni)
Einzug ins verheißene Land
Richard von Weizsäckers Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1985
Am 8. Mai 2015 jährt sich die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht und damit das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa zum 70. Mal. Dieser Termin ist zugleich der 30. Jahrestag eines gedächtnispolitischen Schlüsselereignisses in der bundesrepublikanischen Geschichte, nämlich der Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (1920–2015) zum 40. Jahrestag des Kriegsendes vor dem Deutschen Bundestag in Bonn.[1] In Nachdrucken, Ton- und Filmaufnahmen bald millionenfach verbreitet und zumal an Schulen intensiv thematisiert, wurde sie anlässlich Weizsäckers Tod zu Beginn dieses Jahres noch einmal nachhaltig im öffentlichen Bewusstsein verankert: Von der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« bis zum »neuen deutschland«, von der LINKEN bis zur CSU – kaum ein Nachruf verzichtete auf eine Würdigung der Rede, als deren normativer Kern seit jeher die Erklärung des im bundesrepublikanischen Gedächtnisdiskurs traditionell umstrittenen 8. Mai 1945 zum ›Tag der Befreiung‹, ein klares Bekenntnis zur Notwendigkeit einer anhaltenden Auseinandersetzung mit dem NS-Regime sowie des Gedenkens an dessen Opfer gelten.
Bereits vor 30 Jahren wurde Weizsäckers Ansprache über alle gedächtnis- und tagespolitischen Fronten hinweg nahezu einhellig gelobt und fand auch international positive Resonanz; schon zeitgenössisch war außerdem ihr Aufstieg zum »Musterstück einer neuen ›offiziellen‹ Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit«[2] zu beobachten. In den jüngsten Rückblicken wurde sie schließlich in bemerkenswert stereotyper Wortwahl zu einem kathartischen Wendepunkt stilisiert: Weizsäcker habe hier nicht nur von ›Befreiung‹ gesprochen, sondern im Zuge dessen auch selbst befreiend gewirkt; regelmäßig wurde der Rede dabei eine ›wegweisende‹ oder ›bahnbrechende‹ Wirkung auf die politische Kultur der Bundesrepublik im Allgemeinen und den öffentlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit im Besonderen attestiert.
So ist man sich unter heutigen Deutungseliten offensichtlich einig, dass die Relevanz der Rede weit über das Jahr 1985 hinausweist...
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